Haus I: Kleinstwohnungen kostengünstig
Haus II: Kleinstwohnungen barrierefrei
Haus III: Kleinstwohnungen nachhaltig
Kleinstwohnungen
Norderstedt
* 1 of 2 winners *
Der Entwurf basiert auf der Erforschung zeitgenössischen wie jüngst vergangenen Wohnungsbaus. Es sind etwa die Ideen Hertzbergers, die den sozialen Wohnungsbau bewegt haben; er thematisierte Schwellenräume und widmete sich der Frage, in welcher Weise Gemeinschaft und Privatheit miteinander in Verbindung stehen. Insbesondere wenn der individuelle Wohnraum knapper wird, ist eine Kompensation mit gemeinschaftlichem Wohnraum unabdingbar. Erschließungsflächen wie Laubengänge werden hier neben ihrer Funktion als Verkehrsfläche ebenso als Aufenthaltsflächen – gemeinschaftlich und dabei die spontane Kommunikation fördernd, wie individuell – genutzt.
Einzig das Haus II wird aufgrund des Schwerpunkts Barrierefreiheit von innen erschlossen. Hier wird als privater Außenraum eine Loggia hergestelllt, die räumlich als drittes Zimmer verstanden werden und auf Wunsch mit der nachbarlichen Loggia zusammengeschlossen werden kann.
Wohnmodule
Bei allen Häusern werden die vorgefertigten Wohnungsmodule übereinandergestapelt, aneinander gereiht und mit Massivholzbauelementen oder leichten Stahlkonstruktionen kombiniert. Die unterschiedlichen Konfigurationen, in denen die Baukörper angeordnet werden und mit einer Zweitstruktur ergänzt werden, geben einen Einblick in die Vielfalt der Möglichkeiten, aus dem einfachen Holzmodulbau letztendlich immer wieder auch kontextuelle Lösungen zu finden.
In allen drei entworfenen Häusern trennt die Box zwei nahezu identische Räume, die sich vor allem in ihrer Ausrichtung und Grad der Privatsphäre unterscheiden. Diese Räume werden in Rohbauqualität (sichtbares Brettsperrholz) hergestellt und können so Kosten sparen sowie Raum für eigene Möblierung und Gestaltung lassen. Die Box in der Mitte bietet alle Funktionen der Versorgung: Küche, Bad und Aufbewahrung. Sie ist mit einigen Funktionen versehen, die einen Mehrraum an Möglichkeiten bieten: eine ausklappbare Arbeitsplatte, ein ausklappbares Bügelbrett oder eine im Regal integrierte Leiter. Die Box bildet sich räumlich durch einen tieferen Durchgang ab. Darüber ist zudem ein Lagerraum vorgesehen, in dem sperrige oder selten genutzte Gegenstände aufbewahrt werden können. Um mit dem geringen Raum zurechtzukommen und dennoch eine erlebbare Räumlichkeit auszubilden, werden Räume mit Doppelfunktionen belegt: ein Raum ist tagsüber Eingangsbereich, nachts Schlafzimmer, der andere ebenso Durchgang, Verteiler zum Bad und Ankleide.
Die nebeneinander angeordneten Wohnmodule können zu größeren Wohnungen zusammengefasst werden.
Wirtschaftlichkeit
Die Konzepte sehen einen hohen Vorfertigungsgrad vor, was die Kosten bei einer Herstellung einer Vielzahl von Wohnmodulen gering hält. Die Auslagerung der Erschließung wie in Haus I und Haus III ist ökonomisch bezüglich der Investition, aber auch bezüglich der laufenden Kosten - kein beheizter Raum bedeutet keine laufenden Energiekosten. Zum Lüften werden Dreh- und Kippflügel ohne Verglasung verwendet. Des Weiteren entfällt bei allen Bauten der Keller sowie große Flächen für Stellplätze. Zukunftsweisend werden hier Carsharing-Angebote als Hausgemeinschaft vorgeschlagen.
Freiraum
Um eine große Bandbreite an Nutzungen auf einer kleinen Fläche zu ermöglichen, werden die Freiräume als multicodierte Flächen angelegt. Rasenflächen sind gleichzeitig Versickerungsflächen, Erschließungsflächen und Sitzangebote ermöglichen auch freies Kinderspiel, usw. Dazu wird ein hoher ökologischer Wert angestrebt mit geringem Versiegelungsgrad, versickerungsfähigem Pflaster, sowie einer einheimischen insekten- und vogelfreundlichen Pflanzung. Um eine Anpassung an soziale Veränderungen zu ermöglichen, wird der Freiraum offen gestaltet. Anwohner können dadurch die Freiräume selbst nach deren Bedürfnissen definieren, nutzen und sich die teilweise aneignen. Es entsteht ein anpassungsfähiger Raum, der ein Gefühl der Nachbarschaft stärkt.
Nachhaltigkeit
Alle Wohnungen sind zweiseitig belichtet und belüftet. Im Haus III wird neben der manuellen Lüftungsmöglichkeit auf kontrollierte Öffnungs- und Schließungssysteme zurückgegriffen - unter der Annahme sehr hoher Dichtheit werden gemeinsam mit den Markisen im Haus II und dem Überhitzungsschutz „Laubengang“ im Haus II und III hohe Hitzelasten abgefangen. Die Auslagerung der Verkehrsflächen in den Außenraum schont neben Finanzen auch die Umwelt. Alle Gebäude sind im Kern Holzkonstruktionen.
Das industriell-wohnlich anmutende Sheddach von Haus III wird samt der PV Module als In-Dach-Anlage vorfabriziert. Weitere Module können auf der Funktionsscheibe an der Südfassade angeordnet werden. Die Box innerhalb des Moduls wird mit einer Lehmwand-Heizung kombiniert - eine leichte aber ebenso wirksame Variante einer thermisch aktivierten Lehmwand. Sie verleiht ein angenehmes Raumklima und wirkt durch ihre rohe Oberfläche besonders atmosphärisch.
Akzeptanz durch die Zielgruppen
Alle drei Häuser wurden unter der Berücksichtigung ganz unterschiedlicher Lebenssituationen und -phasen von Menschen entworfen. Die Wohnungen sind klein, aber sie antworten durch Themen wie Flexibilität, Suffizienz und Aneignung auf die Erwartungen unterschiedlicher Zielgruppen. Die Erschließungs- und Gemeinschaftsflächen sind barrierefrei und bereits rollstuhlgerecht nach dem Standard all ready ausgebildet. Das Wohnmodul im Haus II wird nach ready plus gebaut und kann unkompliziert zu all ready geändert werden, indem die Box durch ein Wandmodul erweitert wird.
Das Projekt distanziert sich von dem Bild eines voll ausgestatteten Apartmenthauses und bietet dennoch räumlich wie funktional hochwertige Wohnungen für Einzelnutzer, Paare und kleine WGs.
2021
offener zweiphasiger Wettbewerb, ein 2. Preis
Entwurf: Sophie Höfig, Mathaeus Nierzwicki
Mitwirkende: Nicolai Löffler, Marie Hilmer, May Rehse
Landschaft: HochC Landschaftsarchitekten PartGmbB
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